Rückblick:
SHALOM AUS KÖLN in Berlin

Ein bewegender Abend in der NRW-Landesvertretung Berlin – Musik, Worte und Bilder als Zeichen für jüdisches Leben, Vielfalt und Hoffnung.

SHALOM-MUSIK.KOELN war im November 2025 erstmals in Berlin zu Gast. In der NRW-Landesvertretung beim Bund fand ein Konzertabend statt, der weit mehr war als ein musikalisches Programm. „Vom Schofar bis zum Chanson“ verband jüdische Klangwelten, politische Haltung und künstlerische Vielfalt zu einem berührenden Ereignis – getragen von Hoffnung, Widerstandskraft und Lebensfreude.

Der Rückblick als PDF-Datei

Wenn die Hoffnung klingt: SHALOM-MUSIK.KOELN bringt jüdische Stimmen in die NRW-Landesvertretung nach Berlin

Es gibt Abende, an denen Musik mehr ist als Kunst. An denen sie zu einem Gegenentwurf wird – zu Hass, Spaltung und einer Öffentlichkeit, die Gefahr läuft, sich an antisemitische Bilder zu gewöhnen. Der Konzertabend „Vom Schofar bis zum Chanson“, mit dem das Kölner Festival SHALOM-MUSIK.KOELN am 12. November 2025 erstmals in der Vertretung des Landes Nordrhein-Westfalen beim Bund in Berlin gastierte, war genau so ein Abend.

Schon der Auftakt machte das deutlich: Der israelische Musiker Bar Zemach blies den Schofar, archaisch und rau, wie ein Ruf aus einer anderen Zeit. Gleichzeitig formte die Düsseldorfer Künstlerin Natalia Moro auf der Leinwand fließende Sandbilder, die das Gehörte in fragile, bewegte Formen übersetzten. Der Saal wurde still, bevor die eigentliche Reise durch zwei Jahrtausende jüdischer Musikgeschichte begann.

Entwickelt und getragen wird das Festival vom Kölner Forum für Kultur im Dialog e. V. – einem Kulturverein aus Köln, der die Idee zu SHALOM-MUSIK.KOELN initiierte und in den vergangenen Jahren Schritt für Schritt aufgebaut hat.

Die politische und emotionale Dimension des Abends wurde früh deutlich. In den Grußworten von Abraham Lehrer, Sylvia Löhrmann und Nathanael Liminski verschränkten sich Gegenwartspolitik, persönliche Erfahrungen und die Kraft der Kultur.

Abraham Lehrer, Vorstand der Synagogen-Gemeinde Köln und Vizepräsident des Zentralrats der Juden in Deutschland, fand Worte, die viele im Saal sichtbar bewegten:

„Der Antisemitismus ist mächtig. Und doch: Er darf jüdisches Leben, jüdische Lebendigkeit, jüdische Kultur nicht diktieren. Jüdinnen und Juden sind weitaus mehr als Akteure im Kampf gegen den Antisemitismus. Wir sind so viel mehr als nur Opfer, gepeinigt, erniedrigt und ermordet. Als das Israel Philharmonic Orchestra in Paris gestört und unterbrochen wurde, was hat Lahav Shani da getan? Zum Wiederbeginn des Konzerts hat er die israelische Nationalhymne angestimmt. HaTikvah. Das bedeutet: Die Hoffnung. Die Tränen sind mir in die Augen gestiegen. Diese Kraft ist es, die uns auszeichnet. Im Angesicht des blanken Hasses die Hoffnung nicht zu verlieren; im Gegenteil: Die Hoffnung zur Parole zu machen. Diese Kraft brauchen wir alle gemeinsam. Diese Kraft kann uns das jüdische Musikfestival Shalom Musik auch 2026 wieder geben.“

Mit dieser Rede setzte Lehrer den Ton für den weiteren Abend: keine Verharmlosung der Bedrohung, sondern ein Bekenntnis zu Hoffnung, Widerstandskraft und Selbstbehauptung.

KULTUR ALS ANTWORT AUF HASS

Sylvia Löhrmann, Beauftragte des Landes NRW für die Bekämpfung des Antisemitismus, für jüdisches Leben und Erinnerungskultur, knüpfte daran an. Sie erinnerte daran, dass jüdisches Leben tief in der deutschen Geschichte verankert ist – und trotzdem vielen kaum bewusst:

„Gerade in einer Zeit, in der antisemitische Stimmen wieder lauter werden, in der Anfeindungen und Ausgrenzung jüdischen Lebens – insbesondere in Kunst und Kultur – zunehmen, ist es wichtig, solche Abende bewusst zu gestalten. Das Judentum war und ist konstitutiv für Deutschland und war immer Teil des gesellschaftlichen Lebens. Aber viele Menschen wissen gar nicht, wie sehr Jüdinnen und Juden unsere Gesellschaft, Kultur und Wissenschaft, Politik, unsere gesamte Geschichte mitgeprägt haben. Die Bedeutung, die das Judentum für unsere Geschichte, für unsere Gegenwart und auch für unsere Zukunft hat, müssen wir stärker sichtbar machen – so wie mit dem Konzertabend von Shalom-Musik. Ich danke allen, die an der Veranstaltung mitgewirkt haben.“

NRW-Europaminister Nathanael Liminski schließlich schlug die Brücke zwischen politischer Verantwortung und kulturellem Engagement:

„Dieses besondere Musik-Festival bringt Jahr für Jahr Menschen über Religionen, Generationen und Herkunft hinweg zusammen. Wir bekämpfen Antisemitismus auch durch Kultur – wir schaffen Nähe, wo andere trennen wollen. Wenn jüdische und israelische Kulturschaffende ausgeschlossen und boykottiert werden, bauen wir noch mehr Brücken und feiern die jüdische Kultur umso mehr. Als Landesregierung Nordrhein-Westfalen unterstützen wir die Ansiedlung eines Yad Vashem-Bildungszentrums in Deutschland. Gerne wollen wir dem Zentrum bei uns im Herzen Europas ein Zuhause geben.“

Das Programm, moderiert von den Kölner Initiatorinnen Claudia Hessel und Ulrike Neukamm zusammen mit Prof. Jascha Nemtsov, war eine musikalische Zeitreise und durchgängig auf hohem Niveau.

Im Mittelalterteil begegneten sich jüdische und christliche Klänge: Ars Choralis Coeln und Ārt House 17 verbanden Motive der jüdischen Tradition mit der Musik Hildegard von Bingens. Ein leiser, aber eindrücklicher Dialog zweier Klangwelten, der zeigte, wie nah sich religiöse Musikkulturen historisch sein können – und wie sehr wir diese Verflechtungen vergessen haben.

Die stillen Kapitel des Erinnerns gehörten unter anderem Werken von Max Bruch, Robert Kahn und Viktor Ullmann, interpretiert von Prof. Dr. Jascha Nemtsov, Bar Zemach und Dr. Felix Klein, dem Beauftragten der Bundesregierung für jüdisches Leben in Deutschland und den Kampf gegen Antisemitismus. Musik aus Theresienstadt, geschrieben im Angesicht der Vernichtung, legte sich wie ein leiser Schatten über den Saal – konzentriert, würdevoll, ohne Pathos, aber mit großer innerer Spannung.

Zum Schluss verwandelten die Klezmer Tunes aus Köln sowie Sharon Brauner & The Toy Goys den Saal in eine Feier jüdischer Lebensfreude. Ein Finale, das zeigte, dass jüdische Musik nicht im Gedenken stehenbleibt, sondern im Hier und Jetzt pulsiert.

Das Echo der Gäste fiel nahezu einhellig aus: Sie waren zutiefst beeindruckt. Ein jüdischer Komponist fügte hinzu, er sei „stolz und dankbar, Teil dieses Projekts zu sein, zusammen mit so vielen großartigen jüdischen Künstlerinnen und Künstlern“.

Viele Gäste aus Politik, Kultur und Zivilgesellschaft beschrieben Shalom Musik in Berlin als „bewegend, aufrüttelnd und beglückend zugleich“ – inhaltlich stark, klar in der Haltung und künstlerisch hochkarätig.

AUSBLICK: „ZUHÖREN“ 2026

Mit seinem Berliner Gastspiel hat SHALOM-MUSIK.KOELN deutlich gemacht, dass jüdische Musik weit mehr ist als Programm für Gedenktage. Sie ist Teil der europäischen Gegenwart – vielfältig, selbstbewusst, lebendig.

Im September 2026 findet in Köln die nächste Festivalausgabe unter dem Motto „Zuhören“ statt. Nach diesem Abend in Berlin wirkt dieses Motto wie eine Einladung, die bleibt:

Zuhören, bevor man urteilt.

Zuhören, bevor man vergisst.

Zuhören und die Hoffnung nicht aufgeben.

Wir freuen uns auf Sie vom 2. bis 10. September 2026

Ihr Kölner Forum für Kultur im Dialog e.V.